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Mein Kirchenaustritt

by admin on Dezember 12th, 2009

Vom Austreten aus der Katholischen Kirche redete ich schon lange. Spätestens seit mein Bruder ausgetreten ist, was ich damals mit 16 sehr faszinierend fand. Ich dachte immer es sei besonders kompliziert, man müsse von Ponzius zu Pilatus bzw. von Moses zu Abraham, wie auch immer, ich schob es auf. Als Studentin musste ich sowieso nichts zahlen, und sobald sie anfangen würden etwas zu fordern, würde ich den behördlichen Spiessrutenlauf und das Schlechte-Gewissen-Einreden von Kirchenseiten, mein Bruder hat nach seinem Austritt sogar einen Brief vom Erzbischof persönlich bekommen, auf mich nehmen. Ganz sicher.

Die erste Forderung kam, doch die konnte ich noch mit dem Nachsenden einer Studienbestätigung abwinken. So vergingen die Jahre, ich zog von Linz nach Graz, bekam zu meiner älteren Tochter Hannah noch Zwillinge, stand im selbständigen Arbeitsleben.  Hannah hatte den Segen der Kirche, ich lies sie nach Drängen meiner Grossmutter mit eineinhalb Jahren taufen. Was soll´s, dachte ich mir damals, wenn sie will, kann sie eh wieder austreten.

Nach drei Jahren in Graz kam der lang erwartete, längstens befürchtete Brief mit einer Förderung der Katholischen Kirche: sie schätzten mein Einkommen auf ca. 20 000 Euro, was ihrer Meinung dem Verdienst einer alleinerziehenden Mutter mit einem Kind entspricht.  Ok, dass ich keine Alleinerzieherin mehr bin, das können sie nicht wissen, aber was ist mit den Zwillingen. Wissen die nicht, dass ich noch zwei Kinder hatte. Von Hannah wussten sie auch. Natürlich, sie sind nicht getauft, demnach existieren die zwei für die Kirche auch nicht. Die Existenz meiner beiden Kleinen nicht anzuerkennen war schlimm genug, zudem war die Forderung  unverschämt hoch, das war genug. Ich rief bei der zuständigen Kirchenbeitragsstelle an und erklärte ihnen meine Lebenssituation. Die sehr nette Dame am Telefon versicherte mir alles neu zu berechnen und eine neue Forderung zu schicken. Darauf hin fragte ich sie ganz nebenbei noch wie das mit dem Austreten funktioniere und ob ich das gleich bei ihr machen könnte. Dachte ich doch, dass das über die Kirchenbeitragsstelle funktioniert, wie bei meinem Bruder, Jahre vorher. Die nette Dame am Telefon verstummte plötzlich. Mit einer etwas unfreundlicheren Stimmlage sagte sie mir, dass das nicht sie machen würde. Auf meine Frage, ja wo ich denn hin müsse, gab sie einen sehr undeutlichen Kauderwelsch von sich. Wiebitte? Nochmals konnte ich sie nicht verstehen, vielleicht bekommen sie einen Gehaltsabzug für diese Auskunft. Drei mal musste ich nachfragen, bis ich verstehen konnte was sie meinte. Ich müsse zum Kultusamt. Was das Kultusamt ist, bei welcher Stelle ich es finden könnte, oder gar nach einer Nummer zu fragen war völlig zwecklos, diese Information könnte ich unmöglich aus ihr herausbringen. Sehr betreten bat sie mich noch, mir diesen Schritt gut zu überlegen. Ich könne das Geld auch zweckgebunden spenden, und über die Höhe meines Beitrages liess sich auch noch sprechen. Na so was, die Kirche handelt mit sich, noch ein Grund mehr, auszutreten.

Das zweite Telefonat an diesem Tag verlief weitaus sachlicher und emotionsloser. Auch hier eine sehr nette Dame, sagte mir kurz und bündig wie so ein Kirschenaustritt funktioniert und was dazu nötig ist.

So tat ich es dann auch:

– Homepage von Graz. – Formulare. – Kirchenaustritt. – Ausdrucken, ausfüllen, faxen, fertig. (- nicht mal meine Taufurkunde brauchte ich.)

Das wars,! …Das wars, wovor ich mich so lange gedrückt hatte. ist ja lächerlich! Ich erzählte Hannah von meinem Austritt, und sie bat mich das auch für sie zu machen. Also hatte ich doch recht, sie kann ja jederzeit austreten wenn sie will.

Zwei Wochen nach meiner Trennung von der Kirche, kam dann doch noch der „Schlechtes Gewissen – Brief“. In meinem Fall aber nur vom Pfarrer der Kirche in meinem Bezirk. Er bat mich um ein persönliches Gespräch, verstehe viele Beweggründe für einen Austritt,  bat mich aber doch alles noch mal zu ­­­­­überdenken. Sehr nett und verständig formuliert. Fast hätte ich ihm zurückgeschrieben. Wollte ihm erklären, warum ich enttäuscht war von der Kirche, dass ich mit deren Werten nicht umgehen kann, und davon abgesehen mir schlicht und einfach der Glauben fehlt.

Ich hab diesen Brief natürlich nie geschrieben.

From → Austreten